Natürlich könnte ich es mir einfach machen. Ich könnte ein Taxi nehmen, welches mich am Flughafen absetzt. Dann würde ich in ein Flugzeug steigen und nur wenige Stunden später frisch und munter in Montevideo aussteigen, um ein weiteres Taxi vom Flughafen zum Hostel zu nehmen. Genau so macht man das, wenn man Urlaub hat.
Geschätzte Dauer: 7h
Geschätzte Kosten: 400€
Nun, ich bin kein Urlauber, sondern eine Reisende. Genau dieses Bild erwartete mich im Hostel in Montevideo und ich habe es dort auch „wieder einmal“ realisiert. Aber erst einmal einen Schritt zurück. Denn ich möchte euch auf keinen Fall die spannende Anreise vorenthalten.
Mein Plan war der folgende: Ich setze mich in einen Bus, um von Puerto Iguazú gute 900km in den Süden Brasiliens nach Concordia zu fahren. Dort nehme ich eine Fähre und setze nach Salto, Uruguay über. Natürlich muss ich erst ein Taxi vom Busbahnhof zum Hafen nehmen. In Salto geht es wieder anders herum weiter. Mit dem Taxi fahre ich vom Hafen zum Busbahnhof, steige dann in einen weiteren Bus, den ich vor Ort buche, um noch einmal gute 500km bis nach Montevideo zu fahren. Also ich weiß nicht, wie ihr das seht? Aber ich finde, das ist ein gut ausgearbeiteter Plan. Ich habe mir Notizen zu allen Namen der „Höfe und Häfen“ und Strecken gemacht. Ich war bereit und nach den letzten Erfahrungen so gut vorbereitet wie noch nie.
Geschätzte Dauer: ewig
Geschätzte Kosten: geringer
Der Bus war gebucht. Samstagnachmittag 17Uhr sollte die geplante Abfahrt stattfinden. Ich war pünktlich, konnte jedoch nicht auf die Plataforma, da ein Sicherheitsmann/Kontrolleur seine Aufgabe sehr wichtig nahm. Ich erklärte ihm, wo ich hin wollte, nämlich nach Concordia. Er meinte, es ist die auf dem Ticket angegebene Plattform 11 und ich solle außerhalb des Haltestellenbereichs warten, bis der Bus da ist. Der Bus sei wohl etwas spät. Busse fuhren in den Busbahnhof ein und auch wieder aus. Dann endlich ein Bus meiner gebuchten Firma. Ich stand auf und wollte los. Er hielt natürlich nicht auf meiner Plattform, ein Fragen am Bus war nicht möglich, denn Mr. Security war der Meinung, dass er das auf keinen Fall sein kann und ich aus diesem Grund auch nicht in den abgesperrten Bereich müsse. Ist ja auch eine andere Plattform. Ich sah wie die Leute einstiegen und wurde unruhig. Ich fragte erneut, ob er sich sicher ist, dass das nicht mein Bus ist. Leicht aufgeregt setzte ich mich wieder hin. Mittlerweile war es auch schon kurz nach 17Uhr. Der Bus fuhr los.
Der Security Typ schaute mich an und fragte: „Wo willst du nochmal hin?! Ich glaube, das ist doch dein Bus.“ Ich setzte an zum los schreien und wüten, dachte mir dann aber, fahr ich halt morgen. Ich bin angekommen, in diesem freien Dasein ohne Zeitnot- und Angst, ohne Stress. Während ich diese für mich durchaus wichtige Erkenntnis in diesen wenigen Sekunden realisierte, winkte er aufgeregt. Los ging die Jagd nach dem Bus. Er schleuste mich durch Läden im Busbahnhof, so dass wir direkt an der Hauptstraße heraus kamen. Da stand der Bus noch an der roten Ampel. Ein kurzer Sprint mit meinen20kg und schon öffnete sich die Tür und ich sprang in den Bus. Na wenn das mal nicht knapp war.
Der Busfahrer war total freundlich und setzte mich auf einen Platz einer höheren Klasse. Ich hatte ja mein Gepäck dabei und brauchte Platz. Meine Erwartung war natürlich, dass er mich auf einen Platz setzt, der auch frei ist.
Nun, entlang konnte ich entspannen, ich machte es mir gemütlich. Nach mehreren Stunden Fahrt und einem ersten Schläfchen, wurde ich dann doch unsanft des Platzes verwiesen. Total übermüdet musste ich draußen im Regen mein Gepäck einchecken und dann meinen richtigen Platz aufsuchen. Natürlich saß auf diesem auch jemand. Eine Diskussion in Spanisch-Deutsch ging los. Ich sage nur, eine müde Katrin und zwei nervige Brasilianer. Ich habe aufgegeben und mir einen leeren Platz gesucht, in der Hoffnung, dass keine weiteren Leute einsteigen und ich Platz-Hopping betreiben muss.
Irgendwann morgens gegen 6Uhr kamen wir in Concordia an. Es war Sonntag. Als ich mich nach einem Taxi zum Hafen/zur Fähre erkundigte, wurde mir erklärt, dass diese sonntags nicht in Betrieb ist. Da war er also, der erste Fehler im Plan. Macht nichts, fahr ich halt morgen weiter (Ich liebe diese neu gewonnene Gelassenheit – alles fügt sich, so wie es sein soll).
Mir fiel eine einzige weitere „Reisende“ auf. Fragen kostet nix (ja, ja…die guten Lessons Learned). Ich erkundigte mich nach ihrem Weg. Sie nimmt ein Taxi nach Salto und von dort einen Bus nach Montevideo. Ach, das geht also auch J Und schon war ich wieder im Rennen. Wir teilten uns ein Taxi nach Salto, warteten dort gemeinsam am Busbahnhof in einem Kaffee, bis unsere Busse kamen. Wir waren zwar nicht im selben Bus, aber das war halb so wild. Ich hatte zwei Plätze für mich allein, konnte noch einmal super schlafen um nach 26hfit wie ein Turnschuh gegen 19Uhr in Montevideo anzukommen.
Tatsächliche Dauer: 26h
Tatsächliche Kosten: 110€
Stressbewältigungssystem und Gelassenheitsfaktor: beide 100% erreicht
Das Hostel schien ruhig, es war recht frisch. Ich hatte geplant einen Strandtag einzulegen und die Stadt ein wenig zu erkunden. Gleich nach dem Einchecken, traf ich auf Chris, einen Typ aus Notting Hill. Er erklärte mir, dass in Montevideo nichts los sei. Es sei kalt und die Straßen kaum noch belebt. Mir wurde das erste Mal bewusst, dass in Südamerika der Herbst einkehrt.
So verlebten wir die kommenden Tage ganz entspannt. Natürlich gab es eine Free Walking Tour, der wir beiwohnten. Über die Hälfte der Einwohner Uruguays lebt in Montevideo. Über 1,7 Millionen Menschen – und ich fragte mich die ganze Zeit, wo die alle sind. Ich lernte, dass das Meer kein Meer ist, sondern einfach nur ein extrem breiter Fluß. An der breitesten Stelle wohl etwa 240km. Das Wasser hatte eine furchtbare Farbe. Auch wenn die Sonne geschienen hätte, wäre mir die Laune zum Baden beim Anblick des Wassers auf jeden Fall vergangen.
Am nächsten Tag liehen wir uns ein Fahrrad aus und erkundeten die weiter entfernt gelegenen Gebiete. Es war herrlich die Strandpromenade entlang zu radeln, wenn da nicht nur dieser dauerhafte und starke Gegenwind gewesen wäre. Wir fanden einen kleinen Park, in dem wir Vesper machten. Abends saßen wir gemütlich bei einem Bierchen mit allen Raumgenossen beieinander und philosophierten über Gott und die Welt.
Das war es auch schon gewesen – in Montevideo. Ich bin so entspannt. Die Tage vergehen und man erkennt diese kleinen Feinheiten, die das Dasein herrlich, amüsant oder auch einfach nur entspannt machen.
Lessons Learned of these Days:
Be happy with little! Make the best out of every day! It is all inside you!
Es muss nicht immer teuer, höher, weiter, schneller sein…



























