Ich erwachte durch das furchtbare Geräusch eines klingelnden Weckers. Schließlich wollte ich pünktlich zur Tour sein. Ich ließ mir eine Mapa der Stadt geben und kurz den Weg zur Subte (U-Bahn) erklären und auf ging es in die Stadt. Natürlich war alles kurz vor knapp, doch ich kämpfte mich durch die belebten Straßen und die Subte wie eine „Einheimische ;-)“. Zielstrebig und ohne Zwischenfälle. Ich war voller Tatendrang und hungrig nach neuen Erlebnissen.
Die Tour startete am berühmten Teatro Colón. Meine zwei Fähr-Bekanntschaften waren auch vor Ort. Echt schön am Morgen in einer neuen Stadt in bekannte Gesichter zu blicken.
Die Tour war der Wahnsinn und mit über 4 Stunden wohl die längste Free Walking Tour, die ich je erlebt hatte. Unser Guide hielt nicht nur Ansprachen über die prunkvollen Bauten, welche unter starkem spanischem und französischem Einfluß im 18. Jahrhundert erbaut wurden. Er ließ uns auch auf humorvolle Art und Weise an der Lebens-und Denkweise der Argentinier teilhaben. Er erklärte uns Handbewegungen, Ausdrucksweisen; denn es ist schwer zu verkennen, dass vor allem im Bereich der Mimik und Gestik die italienischen Einwanderer ihre Spuren hinterlassen haben.
Tatsächlich erinnerte mich Buenos Aires an einen Spaziergang durch diverse europäische Großstädte. Es wäre dennoch übertrieben zu sagen, dass ich mich zu Hause nah fühlte, aber auch nicht mehr wirklich wie in einer südamerikanischen Großstadt.
Über die Avenida 9 de Julio ging es zum Plaza San Martín. Natürlich durften auf der Tour der Torre Monumental und die Iglesia del Pilar nicht fehlen. Endpunkt war El Cementerio de la Recoleta. Dieser Friedhof erhebt sich wie eine Stadt in der Stadt mit hunderten „Gebäuden“, die Familiengräber sind. Es gibt teilweise sogar Straßennamen, die zu den Gräbern bekannter Familien führen. Die Türen sind zwar mit Vorhängeschlössern verriegelt, aber teilweise einen Spalt geöffnet, so dass man die Särge sehen, fast anfassen kann. Gruselig!
Nacho, David und ich machten uns dann zur Calle Florida für Cambio. Ja, eine ganze Straße, die als Wechselstube dient. Der Wechselkurs des Blue Markets wird sogar in den Zeitungen veröffentlicht. Unglaublich, aber wahr. Während ich für meinen Euro in der Bank gut gemeinte 9 Peso erhalten würde, bekam ich hier fast 13 Peso. Da ist es natürlich klar, dass dieses Geschäft boomt.
Kurzer Exkurs: Der Argentinische Peso kämpft gegen eine jährliche Inflation von 20-30%. Das kann ich mir nicht mal annähernd vorstellen. Das Geld, was die Leute in der Bank haben, ist im nächsten Jahr ¼ weniger wert. Sparen ist hier Fehlanzeige.
Unser Tourguide berichtete auch einige Kindheitserinnerungen. Im Jahr 1999 war er mit seiner Mutter im Supermarkt einkaufen. Die Preise wurden schon lang nicht mehr an die Artikel geschrieben, denn man würde mit den Änderungen der Preisetiketten nicht hinterher kommen. So schrien Markstangestellte, die sich ständig ändernden Preise, durch ein Mikrofon. Man nahm die Milch aus dem Kühlregel und bis man es zur Kasse geschafft hatte, war diese auch schon teurer. Das Motto beim Einkaufen war also: Kaufe alles was geht, denn es kann sein, dass wir es uns morgen nicht mehr leisten können!
Am nächsten Tag machte ich mich wieder auf zur Avenida 9 de Julio, um an einer Führung durch das Teatro Colón teilzunehmen. Irgendwie haben mich die Infos auf der Free Walking Tour so beeindruckt, dass ich mir eines der berühmtesten Opernhäuser weltweit von innen anschauen wollte. 18€ Eintritt später las ich auf einem Schild, dass an diesem Tag Lichttests stattfinden, was so viel bedeutete, dass es sein konnte, dass im Konzertsaal kein Licht an ist.
Ich habe mich kurz aufgeregt, aber wie das meist so ist, völlig umsonst. Die Führung war klasse, die Lichttester hatten gerade Pause und ich habe am Ende der Tour noch 2 Freikarten für eine Vorstellung des Sinfonieorchesters am nächsten Morgen abgestaubt. Somit gab es eine neue Mission: Finde eine Begleitung.
Nachmittags bin ich zur nächsten Free Walking Tour. In einigen Großstädten gibt es meist morgens und nachmittags eine davon, die verschiedene Gebiete der Stadt abdecken. Im Endeffekt war es wie eine Traveller-Reunion. Einen Großteil der Leute hatte ich also am Tag zuvor morgens bei der Tour schon kennengelernt.
Die Tour startete an National Congress, führte vorbei am Obelisk de Buenos Aires bis hin zum Pink House am Plaza de Mayo. Ich war irgendwie nicht so gesprächig, aber ein fideles Mädel aus Ireland hat mich dann doch positiv motiviert. Ohne groß zu zögern, habe ich Katie meine Freikarte für das Konzert angeboten. Begleitung somit gefunden! So schnell geht das unter Travellern. Ich stelle mir manchmal vor, wie so etwas in Deutschland aussehen würde. Ich sitze allein in einem Café, neben mir ein Tisch voller Leute. Was würde passieren, wenn ich frage, ob ich mich dazu setzen kann und ob wir abends zusammen etwas machen? Schade, dass dies eine echt schräge Vorstellung für mich ist.
Zurück im Hostel ging es an die Abendplanung. Meine „nachts angetrunken herein stolpernde“ Zimmergenossin war auch da und schnell war klar, dass wir den Abend zusammen verbringen. Sara kommt aus Texas und studiert in Mendoza. Mendoza steht auch auf meiner Reiseliste. Ich fand es super, schon den ersten Kontakt vor Ort zu kennen.
Wir buchten 2 Tickets für die Show von Fernandez Fierro, eine Empfehlung einer New Yorker Reisebekanntschaft. Anbei ein Link. Schaut es euch einfach mal an. Dies ist eine Tango-Show der etwas anderen Art. https://www.youtube.com/watch?v=McetUSo72Tc
Wir sind danach noch etwas trinken gegangen. Wie es der Zufall so will, landeten wir in einer Bar, in welcher der Besitzer seinen Geburtstag feierte. Free Champagne for the Ladies und dazu noch freien Eintritt für den Club gegenüber. Wir tanzten bis in die Morgenstunden und hatten einen tollen Abend und eine tolle Nacht. Sara reiste am nächsten Tag ab, aber wir verabredeten und für ein Wiedersehen, sobald ich in Mendoza eintreffe.
Die Nacht war kurz, denn 11Uhr startete schon das Orquestra Sinfonica de Neuquen. Nach 2h Schlaf schwang ich mich unter die Dusche und machte mich auf den Weg. Katie erwartete mich schon. Sie hatte gar nicht geschlafen. So sind die Nächte in Buenos Aires. Das Konzert war wirklich toll. Wie in Trance lauschten wir beide der Musik. Kaum war es zu Ende, ging es für uns beide zurück ins Hostel und ins Bett. Ein typischer Sonntag stand an. Nichts machen und im Bett lümmeln. Nun, die Zeiten ändern sich. Früher steckte ich so eine Nacht mit Leichtigkeit weg. Heute brauch ich 2 Tage zum Erholen. Das Schöne daran ist, ich finde das gar nicht schlimm.
Den nächsten Tag habe ich ruhig angehen lassen. Ich bin ein wenig am Hafen Puerto Madero herum spaziert, gönnte mir einen Starbucks Kaffee im angesagten Viertel San Telmo und dann…wusste ich nichts mehr mit mir anzufangen und machte mich zurück ins Hostel. Auch solche Tage gibt es.
Mein 4-Bett-Zimmer war leer. Nur noch ich. Ich freute mich so sehr, eine Nacht in Ruhe zu verbringen, dass ich dies ganz aufgeregt meinem Liebsten per Skype mitteilte. Kaum sprach ich es aus, öffnete sich die Tür und ein Pärchen trat ein. Zu früh gefreut und Blicke sprachen tausend Worte. Ben hat gleich gemerkt, dass sich meine Freude in Grenzen hielt. Nichts destotrotz kamen wir schnell ins Gespräch und schon stand die gemeinsame Abendplanung. Echt verrückt, wie es manchmal läuft. Montags-Highlight in Buenos Aires ist die Show Bomba de Tiempo. Schaut es euch einfach mal kurz an: https://www.youtube.com/watch?v=48iuUMCc1fw
Die Show war klasse und ich hatte einen Mega Spaß mit Ben und Lucy, 2 Londonern, die seit Jahren in Sydney lebten und nun gemeinsam auf Reisen gehen. Wir trafen sogar Ben`s Mutter dort, die anscheinend ihren zweiten Frühling erlebte.
Die Show war zu Ende, aber noch immer waren Trommeln zu vernehmen. Vor dem KONEX-Gelände hatte sich eine weitere Percussion-Band positioniert und mit ihnen eine riesige Menschentraube. Die Beats hallten durch die Straßen und plötzlich bewegte sich die Menschenmasse. Autos mussten stehen bleiben während sich tausende Menschen ihren Weg zu den Rhythmen bis zum nächsten Club bahnten. Was für ein Erlebnis und was für ein Abend. Mit Worten nur schwer beschreibbar. Leider ging die Kamera mit all den tollen Pics verloren. Das einzig Gute daran ist, dass es nicht meine war.
Die nächsten Tage verbrachte ich viel Zeit mit Lucy und Ben. Die beiden hatten tagsüber Spanisch-Unterricht. So hatte ich Zeit, noch das ein oder andere Viertel zu erkunden. Abends kochten wir zusammen oder gingen aus auf ein Bier. In Gesellschaft ist das Leben doch einfach schöner- der Mensch, das Rudeltier.
La Boca (ein buntes Viertel):
An meinem letzten Abend konnte ich die beiden leider nicht vom „Tanzen gehen“ überzeugen. Wir waren in einer Bar auf ein paar Drinks und sind wieder zurück ins Hostel. Während ich dann in der Küche rumhantierte, erzählte mir Vianney, dass es sein letzter Abend sei und er mit ein paar Leuten ausgehen wolle. Ob ich denn Lust hätte mitzukommen? Was soll ich sagen. Ich mag Buenos Aires eigentlich nicht verlassen. Hier läuft es einfach zu gut.
Also bin ich doch noch zum tanzen gekommen. Ich konnte noch Lynette überzeugen uns beizuwohnen. Sie ist an diesem Abend aus Neuseeland eingetroffen und war super sympathisch. Mein letzter Abend hätte ich nicht besser verlaufen können.
Lessons Learned of these days:
Ich bin drin…mittendrin statt nur dabei!
Zum 1-montigen war ich noch nicht so davon überzeugt. Aber klar, Uruguay war halt einfach zu entspannt für meine Verhältnisse. Aber schon 48h später, als ich mich durch die Metro und die vollen Straßen Buenos Aires kämpfte, wusste ich, diese Zeit wird einfach traumhaft. Denn schließlich erfülle ich mir gerade meinen Kindertraum. Meine Freundin Jenny meinte vor meiner Abreise, dass ich schon in der 3. Klasse erzählt habe, dass ich mal um die Welt „fahren“ möchte. Und genau das mache ich. Suck the joy of life!
Abschied tut weh!
Ganz klar ist der Abschied von meinen Liebsten daheim nicht mit einem Abschied von frischen Bekanntschaften in einem Hostel zu vergleichen. Dennoch fühlte sich dieser Abschied anders an. Der Abschied von Buenos Aires fiel schwer, denn diese Stadt ist traumhaft. Wahrscheinlich auch, weil sie so europäisch scheint. Lucy und Ben, dieses sweet couple, werde ich mit Sicherheit wiedersehen. Nächstes Date ist für kommenden Sommer in Berlin ausgemacht. Ich werde da sein!
Noch einige Schnappschüsse:
Ich musste mich auf den Straßen BAs verewigen:



































