Ich hatte mich für 2 Nächte in Puno eingebucht. Als der Bus in die Stadt einfuhr, wurde mir klar, warum meine französischen Freunde diese Stadt auslassen. In der Dämmerung schien alles trist und grau. Am Busbahnhof funktionierte keine ATM. Ich hatte natürlich noch nicht einen Soles am Mann. Zum Hostel laufen? Das schien laut Karte zu weit und außerdem zeigte sich der bequeme Touri in mir.
Überraschenderweise konnte ich dem Taxifahrer schnell klar machen, was mein Anliegen war. Erst Dinero am Cajero Automático und dann zum Hostal Kantati. Hat alles super geklappt. Im Hostel bezog ich mein Einzelzimmer mit eigenem Bad und zu aller Freude: es gab warmes Wasser und einem Heizstrahler. Die Nacht war so angenehm. Es war warm und ich konnte mich in einem Doppelbett breit machen.
Morgens 7:45Uhr sollte ich zu meinem 2-Tagestrip auf dem Titicaca-See am Hostel abgeholt werden. Fast 1,5h später war es dann auch soweit. Ich war schon wieder müde und eigentlich auch schlecht gelaunt. Nun, so hatte ich gleich ein Thema, um im Sammelbus zu tratschen. Im Endeffekt hat es bis in den späten Nachmittag gedauert, das Geheimnis zu lüften: Zeitumstellung! Peru liegt eine weitere Stunde hinter meiner Zeitrechnung. Also war der Abholservice laut südamerikanischem Verständnis fast on time, nur knappe 30Minuten zu spät. Das liegt im Rahmen. Wieder einmal sinnlos bzw. mit Eigenverschulden aufgeregt.
Der erste Stopp der Tour war auf einer der schwimmenden Inseln der Uros (Las Islas Flotante). Insgesamt gibt es etwa 120 dieser Inseln, nicht alle davon zugänglich für Touristen. Laut unserem Guide ist es die freie Entscheidung der Bewohner, ob sie am Tourismus teilhaben wollen oder nicht. Ursprünglich begannen die Uros schwimmende Inseln zu bauen, um sich vor den kriegerischen Inkas zu schützen. So konnten sie einfach die Anker lösen, sich weit hinaus auf den See treiben lassen oder sich im Schilf verstecken.
Als wir auf der Insel eintrafen, begann das Schauspiel. Während 25 Touristen im Halbkreis saßen, erklärte uns die Herrin der Insel, wie diese schwimmenden Attraktionen gebaut werden. Die Inseln bestehen aus kreuzweise aufgebrachten Lagen aus Totora-Schilf. Bei Wind und Sturm lösen sich die Wurzeln des Schilfs vom Seeboden und treiben ohne weiteres Zutun auf dem Wasser- eine natürlich geschaffene Luftmatratze. Nun muss man diese „Platten“ einfach nur im Schilf suchen, finden und zusammenschnüren. Schwuppdiwupp, nach circa 6 Monaten Arbeit und endlosen Lagen Schilf hat man eine schwimmende Insel. Das Schilf bildet nicht nur Lebensgrundlage, sondern ist im Endeffekt auch Lebensinhalt. Es wird verwendet, um die Insel zu bauen, die darauf stehenden Hütten, die Betten, in denen sie schlafen. Sie bauen daraus Boote, welche sie für die die Jagd auf Vögel im Schilf benötigen und um Fischen zu gehen- die beiden Hauptgewerbe der Uros. Tatsächlich kann man das innere des Schilfs sogar essen.
Ich muss gestehen, ich fand das Ganze einfach nur schrecklich. Da sitzt man auf einer 100m2 Insel, auf der 2 Familien wohnen und starrt sie an, starrt in ihre Häuser, ihre Wohn- und Schlafzimmer.
Der zweite Stopp war die Insel Amantaní. Hier empfingen uns unsere Gastfamilien, bei denen wir die kommende Nacht verbringen sollten. Die Begegnung war sehr steif und irgendwie unnatürlich. Wir wurden in Gruppen aufgeteilt, Namen wurden aufgerufen und so trottete ich mit meinen 4 Genossen einer Dame in ihr Heim hinterher. Sie hat für uns Lunch gekocht. Wir saßen stumm am Tisch. Drei meiner Genossen konnten perfekt spanisch, doch keiner sagte etwas. Ich hatte so viele Fragen und ärgerte mich, dass mir die Barriere „Sprache“ im Weg stand, um meinen Wissensdurst zu stillen.
Danach ging es bei einem Verdauungs-Spaziergang mal wieder den Berg hinauf. Wir eroberten Pachamama, einen der beiden Gipfel auf der Insel, auf 4160m Höhe und ich habe einen der tollsten Sonnenuntergänge überhaupt beobachten dürfen. Mit eingefrorenen Fingern und 100 Fotos später, wärmten wir uns in einer kleinen Kneipe beim einem Té Macho wieder auf.
Dann ging es zurück ins Heim zum Abendbrot. Wir verstanden uns in der Gruppe super, dennoch hat mir der Bezug zur Familie gefehlt. Es war ein interessantes Erlebnis um „mal wieder“ schätzen zu lernen, wie gut ich es mit meinem Dasein habe. Das Bad war auf dem Hof. Bad und Küche waren ohne Licht, es gab kein fließendes Wasser. Natürlich war es nachts saukalt. Das was ich als „Adventure Urlaub“ ansehen würde, ist Alltag für die Bewohner der Insel.
Am nächsten Morgen gab es noch Frühstück und dann reisten wir ab. Letzter Stopp der Tour war die Insel Taquille. Beim Lunch erklärte uns Bruno, unser Guide, alles Wissenswerte über Bräuche, Trachten und Lebensgewohnheiten der Inselbewohner. So konnten wir zum Beispiel sehen, wie aus der Pflanze Chujo Shampoo hergestellt wird und wir lernten, welche Bedeutung die Mützen und Gewänder der Einheimischen haben. Nein, es sind nicht einfach bunt zusammen geschneiderte Sachen, die meiner Meinung nach auch noch leicht albern aussehen. Die Farben und Muster haben eine große Bedeutung. So erkennt man Single Ladies und Single Männer, Kinder unter und über 5 Jahren etc. Besonders interessant ist der Gürtel verheirateter Männer. In diesen wird eine Haarsträhne ihrer Frau mit eingewoben.
Zum Abschluss dieser Tage ging es dann 3h bei Sturm zurück nach Puno. Ich hatte meine Plastiktüte schon in der Hand und hätte wohl kaum länger ausgehalten. Was zu Beginn noch wie Achterbahn fahren war und Spaß machte, wurde nach 2h einfach nur anstrengend und „übel ermüdend“. Was für ein Glück, dass mir eine Nacht im Nachtbus bevor stand… Da werde ich mich mit Sicherheit von den Strapazen gut erholen können.
Lessons Learned of these days:
Ich möchte nicht als Tourist reisen. Ich bin eine Travellette!
Dieses touristische Schauspiel war einfach grausam…grausam den Einheimischen gegenüber. Ich habe mich gefühlt, als ob ich im Zoo spazieren gehe. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Menschen auf den Inseln Spaß daran haben, morgens 10Uhr und nachmittags 14Uhr tagein und tagaus starrende Touristen zu empfangen. Ich möchte die Welt für mich erobern! So wie ich es mag!
Ich möchte Spanisch lernen!
Ich werde den südamerikanischen Kontinent hoffentlich erneut besuchen. Im Endeffekt wüsste ich sogar schon wohin es gehen soll: nach Patagonien. Und dann gibt es die Barriere „Sprache“ nicht mehr.
Everything happens for a reason!
Diese Lesson sollte euch schon bekannt sein. Aber es ist immer wieder toll, dies zu erkennen. So schräg wie diese zwei Tage waren, ich habe 2 Mädels aus Bogotá kennengelernt und mich für kolumbianische Tage mit Einheimischen verabredet. Eine der beiden hat mir sogar angeboten, für die 5 Tage bei ihr im Apartment unterzukommen. Ich finde das einfach nur klasse. Läuft!
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